Merkur-Sonde schrammt knapp an der Venus vorbei
Am 6. Juni fliegt um 1.10 Uhr MESZ die Raumsonde Messenger in nur 337 km Abstand an der Venus vorbei. Durch dieses Planetenbillard erhält die Sonde einen Kick, so dass sie am 14. Januar 2008 erstmals an ihrem eigentlichen Ziel, dem sonnennächsten Planeten Merkur, vorbeifliegen wird.
aba. Die amerikanische Raumsonde Messenger (MErcury Surface, Space ENvironment, GEochemistry, and Ranging) wird am Schwesterplaneten der Erde in nur 337 Kilometer Abstand vorbeifliegen. Dabei kommt es zu einem spannenden, nämlich von zwei Raumsonden fast synchron durchgeführten und in der Planetenforschung nicht alltäglichen Experiment.
Für den Planetenforscher Jörn Helbert ist der nahe Vorbeiflug besonders spannend, da ihm als Co-Investigator des VIRTIS-Instruments auf der europäischen Planetensonde Venus Express die Erforschung der Venus besonders am Herzen liegt. „Es passiert nicht oft, dass man als Wissenschaftler gleichzeitig von zwei Missionen Daten desselben Planeten bekommt.“ Beim VIRTIS-Experiment, einem abbildenden Spektrometer, ist Helbert für die Oberflächenbeobachtungen der Venus verantwortlich. „Aber gerade diese einmalige Konstellation mit Venus Express und Messenger eröffnet natürlich auch Möglichkeiten für ein Experiment, in dem sich die Daten beider Raumsonden sinnvoll ergänzen“, so Helbert weiter.
Der Vorbeiflug an der Venus ist für die Messenger-Mission in doppelter Hinsicht wichtig. Zum einen nutzt die Raumsonde das Schwerefeld der Venus, um auf Kurs zum Merkur zu kommen. Dieses so genannte „swing-by“-Manöver verkürzt die Flugdauer und hilft Treibstoff zu sparen. Vor allem aber ist der Vorbeiflug die Generalprobe für die erste Annäherung der Sonde an ihr eigentliches Ziel, den Merkur. Diese wird schon in etwas mehr als einem halben Jahr, im Januar 2008, stattfinden. Im Oktober kommenden Jahres und im September 2009 wird Messenger zwei weitere Male nahe am Merkur vorbeifliegen, ehe die Sonde des NASA-Discovery-Programms am 18. März 2011 in eine Umlaufbahn um den kleinsten Planeten des Sonnensystems einschwenken wird. Alle acht Instrumente an Bord von Messenger werden während des Venusvorbeiflugs Daten aufnehmen.
Für den Berliner Wissenschaftler Jörn Helbert sind besonders die Daten des für die Kartierung des sonnennächsten Planeten vorgesehenen Kamerasystems MDIS (Mercury Dual Imaging System) und des Spektrometers MASCS (Mercury Atmospheric and Surface Composition Spectrometer) von Interesse. Beide Instrumente werden während des Vorbeiflugs den Planeten beobachten und dabei auch Daten im nahen Infrarot aufnehmen. In diesem Wellenlängenbereich liegen die so genannten „atmosphärischen Fenster“ der Venusatmosphäre, die einen Blick auf die Oberfläche des Planeten erlauben, denn die mächtige, globale Kohlendioxid-Wolkenschicht der Venus gestattet keine Sicht auf die Landschaften am Boden des Planeten.
Es wird die Aufgabe von Helbert’s Gruppe sein, diese Daten auszuwerten und damit auch Messenger einen Blick unter den Schleier der Venus zu ermöglichen. „Wir können hier die Programme einsetzen, die wir für Venus Express entwickelt haben“, so der Planetenphysiker. Aber die Zusammenarbeit geht noch weiter: Da die Kamera auf Messenger nicht alle für die Auswertung wichtigen atmosphärischen Fenster aufnehmen kann, wird hier VIRTIS auf Venus Express Hilfestellung leisten.
Während des Messenger-Vorbeiflugs befindet sich Venus Express auf der anderen Seite des Planeten – damit sind gleichzeitige Messungen derselben Gebiete nicht möglich. VIRTIS nimmt jedoch wenige Stunden vor und nach dem Vorbeiflug genau die Regionen auf, die auch von MESSENGER erfasst werden und wird die fehlenden Daten für die Analyse liefern. „Was wir hier versuchen, ist hoch spannend – noch nie gab es an der Venus ein solches ‚Rendezvous‘ zweier Raumsonden.“
Venus Express befindet sich seit dem 11. April 2006 in einer Umlaufbahn um den Planeten Venus. Neben Messenger befindet sich auch eine europäische Merkur-Mission in Vorbereitung, die BepiColombo-Mission. Die Mission sieht zwei Orbiter vor, die in einem Abstand zwischen 400 und 12000 Kilometer den Planeten in mehreren Wellenlängenbereichen kartieren soll. Neben der Bestimmung der Mineralogie und Zusammensetzung, soll auch herausgefunden werden, ob der Merkur-Kern geschmolzen ist oder nicht. Der Start soll voraussichtlich im August 2013 stattfinden. (DLR/NASA), 05.06.2007
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Weiterführende Links
- John Hopkins Universität: Messenger
- ESA: BepiColombo
- Merkur im Astronomie-Lexikon