Erforschung des Merkurs mit Raumsonden

Der sonnennächste Planet des Sonnensystems ist trotz seiner relativen Nähe ein im Vergleich zu Mars eher wenig erforschter Himmelsköper. Da er von der Erde aus gesehen immer nahe bei der Sonne steht, beschränken die Beobachtungsmöglichkeit (selbst mit Teleskop Test) auf einige Wochen im Jahr und dann auch nur jeweils nur kurz in der Dämmerung. Jedoch auch einer Erforschung des Planeten mit Raumsonden ist nicht einfach. Deshalb ist die Geschichte der Raumsondenerkundung bei Merkur recht kurz. Mit dem Start von MESSENGER im August 2004 ging die Erforschung weiter.

Bild 1: MESSENGER. Gemälde, © NASA.

Wenn sich Mars und Venus im Planetensystem gerade mehr oder weniger jenseits der Sonne aufhalten, ist Merkur der der Erde nächstgelegene Planet. Trotzdem ist er für die Raumfahrt nicht leicht, Merkur zu erreichen. Einerseits bringt die Sonnennähe extreme Temperaturdifferenzen zwischen von der Sonne beschienenen Sondenteile und im Schatten liegenden Strukturen, andererseits müssen die Triebwerke der Sonde eine sehr grosse Geschwindigkeitsänderung erreichen. Die Erde kreist mit etwa 30 Kilometern pro Sekunde um die Sonne.

Die mit dieser Kreisbewegung verbundenen Fliehkräfte verhindern den Sturz in die Sonne. Wenn eine Raumsonde von der Erde startend näher an die Sonne möchte, muss sie weniger schnell werden als die 30 Kilometer pro Sekunde Bahngeschwindigkeit der Erde. Je langsamer sie im Vergleich zur Erde ist, desto näher wird sie ihre Bahn an die Sonne führen. Der Flug direkt zu Merkur würde ein Abbremsen erfordern, das mit bezahlbarem Aufwand nicht möglich ist. Bis zur Venus, die wie Merkur innerhalb der Erbahn um die Sonne läuft aber nicht so nahe, reicht der (bezahlbare) Treibstoff. Bei der Venus muss im Wesentlichen die Schwerkraft des Planeten die Bahn der Sonde so verändern, dass der Weg weiter Richtung Merkur führt.

Mariner 10

Mariner 10 der NASA war der erste und bis zum Start von MESSENGER der einzige Versuch, Merkur zu erreichen und dies ist nun bereits 30 Jahre her. Deshalb sind auch alle heute verfügbaren, detaillierten Bilder der Merkuroberfläche und Magnetfeldmessungen 30 Jahre alt.

Mariner 10 startete am 3. November 1973. Bald darauf, am 5. Februar 1974, erreichte Mariner 10 die Venus. Der Vorbeiflug an der Venus wurde so gewählt, dass die Umlaufbahn der Sonde um die Sonne nun die Merkurbahn berührte. Zuvor lag der sonnennächste Bahnpunkt gerade nahe genug an der Sonne, dass die Venus erreicht werden konnte. Mariner 10 war die erste Raumsonde in der Geschichte, die das Schwerefeld eines Planeten ausnützte, um ihre Umlaufbahn um die Sonne so zu verändern, dass ein zweiter Planet erreicht wird.

Bild 2: Mariner 10 nähert sich Merkur.
Bild 3: Mariner 10 fliegt an Merkur vorbei. Gemälde © NASA.

Den Merkur erreichte Mariner 10 am 29. März 1974. Dieser Vorbeiflug wurde so gewählt, dass danach die Sonde die Sonne mit der doppelten Umlaufzeit wie Merkur umkreiste. So erreichten Planet und Raumsonde immer wieder gleichzeitig denselben Punkt im Sonnensystem. Es konnten somit weitere Begegnungen mit Merkur stattfinden. Kontrolliert fanden diese Begegnungen am 21. September 1974 und am 16. März 1975 statt. Leider entsprechen 2 Merkurjahre drei Merkurtage. Wenn die Sonde nach drei Merkurjahre wieder zum Planeten zurueckkehrte, lag immer dieselbe Hemisphäre im Tageslicht und die andere blieb den Kameras im Dunkel der Merkurnacht verborgen. Mariner 10 konnte deshalb nur knapp 50% der Planetenoberfläche fotografieren. Vom Rest besitzen wir bis heute keine detaillierten Fotos. Die Bilder von Mariner 10 zeigen eine von Einschlagkratern bedeckte Oberfläche, die auf den ersten Blick an den Mond erinnert. Auch eine Atmosphäre besitzt der nur knapp 5000 Kilometer grosse Planet nicht, jedoch hat ein schwaches aber deutliches Magnetfeld die Forscher erstaunt.

 

MESSENGER

Trotz des frühen Erfolges wurden lange keine weitere Sonde zu Merkur geplant. Andere Ziele im Sonnensystem waren attraktiver. Doch Merkur könnte wichtig zur Erforschung der Frühgeschichte des Sonnensystems sein. Deshalb wurde der Wunsch stärker, den kleinsten Planeten des inneren (terrestrischen) Sonnensystems mit modernen Mitteln zu erforschen. Die NASA schickt nun im August 2004 die Raumsonde MESSENGER auf den Weg.

    August    2004  Start
 1. August    2005  Erster Vorbeiflug an der Erde
24. Oktober   2006  Erster Vorbeiflug an der Venus
 6. Juni      2007  Zweiter Vorbeiflug an der Venus
14. Januar    2008  Erster Vorbeiflug am Merkur
 6. Oktober   2008  Zweiter Vorbeiflug an Merkur
30. September 2009  Dritter Vorbeiflug an Merkur
18. März      2011  Einbremsung in eine Merkurumlaufbahn 
Flugplan der Raumsonde Messenger.

MESSENGER wird auf seinem Weg zu Merkur ebenfalls die Venus zu Hilfe nehmen, da man jedoch nicht einfach an Merkur vorbeifliegen möchte, sondern in eine Umlaufbahn einschwenken will, muss vorher die Bahn der Sonde um die Sonne der des Merkurs stärker angeglichen werden als es bei Mariner der Fall war. Nur so ist die Relativgeschwindigkeit gering genug, damit die Sonde mit vernünftigem Treibstoffaufwand in die Merkurumlaufbahn einbremsen kann.

Deshalb ist der Weg von MESSENGER bis zur Merkurumlaufbahn nicht sehr direkt und dauert viel länger als der Flug von Mariner 10. Zunächst wird nicht einmal direkt zur Venus geflogen, sondern die Sonde gewissermassen auf eine Parkbahn im Sonnensystem geschickt, die sie nach zwei Jahren Flug an der Erde vorbeifliegen lässt und erst danach zwei Mal an Venus. Am 14. Januar 2008 findet der erste Vorbeiflug an Merkur statt. Zwei weitere Merkurvorbeiflüge werden helfen, die Umlaufbahn der Sonde um die Sonne weiter der Bahn des Merkurs anzunähern. Erst am 18. März 2011 wird die Sonde in eine Umlaufbahn um Merkur gebracht. Dort soll sie etwa ein Jahr arbeiten.

Bild 4: Der Weg von MESSEGER bis zur Venus.
Bild 5: Der Weg von MESSENGER von Venus bis zu Merkur.

Europa bei Merkur

Es stellt sich bei diesem komplizierten Flugbahn von MESSENGER die Frage, ob diese Mission mit Ionenantrieb schneller hätte durchgeführt werden können. Diesen Weg wird die Europäische ESA gehen. Die ESA-Sonde BepiColombo will ebenfalls den Merkur umkreisen. Um Merkur zu erreichen wird Ionenatrieb verwendet. Dieser bereits im Weltall eingesetzte Antrieb bezieht seine Energie über Solarzellen. Leider ist mit einem Start von BepiColombo nicht vor 2011 zu rechnen.

Neue Bilder von Merkur gibt es beim ersten Vorbeiflug von MESSENGER am 14. Januar 2008.

Bild 6: Geplante Merkursatelliten ESA (BepiColombo).

Über den Autor Dr. Roland Brodbeck

Dr. Roland Brodbeck
Mehr über den Autor: main-verlag.de, Wikipedia

Dr. Roland Brodbeck, Jahrgang 1966, promovierte 1998 an der Eidgenössischen
Technischen Hochschule in Zürich mit einer Arbeit über Spektroskopie in
der Astrophysik.  Er arbeitete mehrere Jahre als Demonstrator an der
Volkssternwarte Urania Zürich und gab Astronomieunterricht an der
Volkshochschule Zürich. Er ist auch als freier Wissenschaftsjournalist
und Buchautor tätig.